„Aber du musst doch wissen, was dein Ziel ist!“

„Aber du musst doch wissen, was dein Ziel ist! Wo willst du hin?“

Mist, voll ins Schwarze getroffen. Die Zweifel in mir fühlen sich angespornt, sie poltern los. Denn: Nein, ich kenne mein Ziel nicht. Ich habe endlos gegrübelt und versucht es heraufzubeschwören: Dieses Große, Ganze. Das Ziel all meiner Bemühungen und Strapazen. 

Irgendwann war das nur noch mühsam. Dieses Ziel erschien mir so wage, so fürchterlich unklar. Ich beschloss, trotzdem loszugehen. Gemäß der These „Der Weg ist das Ziel“. Und in der Hoffnung, mit jedem meiner Schritte ein wenig schlauer zu werden: Mehr zu verstehen über mich, die Dinge die mich antreiben, die mir Freude machen und ich gut kann. 

Also: Ja, du hast recht. Ich kenne es nicht genau, mein Ziel. Das ist im Übrigen durchaus mühsam. Denn so stellt mich jeder Schritt erneut vor die kaum zu lösende Frage: Macht er Sinn? Bringt er mich voran? (Denn wohin eigentlich? Erstmal vorwärts, beschließe ich. Bewegung ist gut!)

Und nein, ich finde nicht, dass ich es kennen muss. Gerade, am Anfang, da laufe ich mich warm, ich probiere aus. Ich hadere häufig, schwimme, verliere das Zutrauen in mich. Trotzdem scheint mir, manchmal lohnt es sich, loszugehen. Ohne Ziel zu starten, heißt auch: Frei zu sein. Den Entwicklungen offen gegenüber zu treten, neugierig und wach jeden Schritt zu gehen. Mit Bedacht und doch mit einer gewissen Leichtigkeit, denn vielleicht ist er ja für etwas gut. 

So gehe ich ziellos dahin. Mit der Idee einer Richtung und der Bereitschaft, auszuprobieren, zu scheitern, wieder aufzustehen. Ja, manchmal sehne ich es mir herbei: Das eindeutig definierte Ziel. Vielleicht ist es irgendwann plötzlich da. Unbemerkt, unbeabsichtigt, schleicht es sich hinein in meinen Kopf und schlägt dort Wurzeln. Dann wird der Weg vor mir deutlicher, die Entscheidungen einfacher zu treffen. Vielleicht warte ich lange noch auf diesen erhellenden Moment. Tappe im Dunkeln, teste aus. Gerade denke ich: Dann gehört das zu meinem Weg dazu. Immerhin bin ich losgegangen – auch ohne klares Ziel.

Du kannst das kopflos nennen. Oder dumm. Ich nenne es mutig, denn ich wage mich hinaus. Auf einen Weg, den ich (noch) nicht kenne. Der fremd ist und uneinschätzbar. Und ich empfinde dabei Angst. Aber ich fühle mich auch sehr lebendig. Denn das ist doch Leben, oder nicht? Etwas Neues wagen, Dinge ausprobieren. Scheitern. Weiter gehen.

So schnüre ich meine Schuhe fest und stelle sicher, dass sie mir Halt geben. Wenn ich rutsche, wenn es glatt wird und der Weg uneben. Geröll, Glatteis, Weggabelungen, Nebel. Für all diese Schwierigkeiten wappne ich mich. Ich rüste mich aus mit Proviant und guten Freunden, die mich stärken und mir stützend zur Seite stehen. Ich mache mich fit, schlafe mich aus, übe mich in Gelassenheit und Zuversicht. 

Kopflos bin ich nicht. So viel steht fest. Im Zweifel steht mir der Kopf eher im Weg: Schwerfällig, kritisch, nachdenklich. Dumm? Vielleicht naiv, hoffnungsvoll und angetrieben von der Idee, dass da noch mehr geht. Dass der Weg nicht immer steinig sein wird, und schwer. Dass mir manche Abschnitte ungeahnt leicht fallen werden oder sich Möglichkeiten ergeben, die mir bis dahin nicht in den Sinn kamen. Und gestärkt von der Zuversicht, dass mir meist die Dinge glücken im Leben. Nicht immer, und nicht sofort. Eins wird zum anderen führen und rückblickend werde ich sagen: Jeder Schritt hatte seine Wichtigkeit. 

„Der Weg ist das Ziel.“ Denn es werden mir Menschen begegnen und ich werde wunderbare Momente erleben. Ich werde resümieren, dass es sich gelohnt hat. All das: Ohne Ziel zu starten war vielleicht ein Wagnis. Aber es ist mein Wagnis. Und meine Art durch das Leben zu gehen. 

Lassen wir die Zweifel den Zweifelnden.

Und ich? Ich gehe einfach mal los!

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