Mein Ferien-Resümee

Raffiniert, wie schnell das Gedächtnis selektiert. Ich blicke zurück auf die letzten drei Wochen und werde sentimental. Dreiundzwanzig Tage, fast rund um die Uhr: Familienzeit. Oder vielmehr: Mädelszeit. Und plötzlich wieder Ruhe – die Kinder sind zurück im Kindergarten.

Im Vorhinein weckt diese Mädelszeit gemischte Gefühle. Ich freue mich auf die Intensität, all die Spielmomente, das innige „Wir“. Und ich bin etwas aufgeregt; die Stimmung von uns allen ist doch jedes Mal wieder eine Wundertüte. Niemand weiß, wie viele Streits, wie viel Gekreische, wie viel tief empfundenes Unglück auf uns warten. Ich wappne mich dann. Nehme mir vor, gelassen zu sein, ruhig, stets einfühlsam. Ich überlege mir schöne Ausflugsziele und mahne mich dabei, die Wochen nicht allzu sehr zu füllen. Denn, die viele Lockdown-Zeit zu Hause hat mich gelehrt, dass weniger tatsächlich mehr ist. Rückblickend ein Wahnsinn, wie viel Programm wir vor Corona in eine Woche stopften. Zwangsläufig wurde das ausgebremst – und das war sehr wohltuend. 

Dann sind wir mittendrin in unseren Urlaubswochen zu Hause. Oder so. Ich suche noch nach einer stimmigen Bezeichnung. Und – oh Wunder – es ist schwankend. Ich resümiere: Stimmungsmäßig ist alles dabei. Obgleich ich stets annehme, Kitaferien würden die Kinder total entspannen, scheint es mir anders: Veränderung geht bei uns mit Trubel einher. Plötzlich endlos viel Schwestern-Zeit, keine festen Strukturen des Kindergarten-Alltags… wohlmöglich Stressfaktoren?!?

Natürlich bin ich nicht immer ruhig und gelassen. Ein Teil in mir reagiert enttäuscht, vielleicht sogar geknickt: Warum können wir nicht einfach eine schöne Zeit miteinander haben? Die Konflikte zwischen den Mädchen zehren an meinen Nerven. Die Lautstärke strengt mich an. Dann ist die Freude auf gemeinsame Tage plötzlich nicht spürbar. Die Anstrengung überwiegt. 

Und auch die Sache mit dem reduzierten Programm gelingt eher mäßig. In der ersten Woche klappt das gut. Dann spüre ich an manchen Tagen die Entspannung der Kinder – sie beginnen friedlich miteinander oder jede für sich zu spielen. Ich erhalte ungeahnte Momente für mich. An anderen hängt der Haussegen schief. Dann treibt es uns raus, dann scheint ihnen die Decke auf den Kopf zu fallen. An solchen Tagen mache ich Pläne, koordiniere Verabredungen für die nächsten Wochen. Und: Schwups, dann ist es schnell zu viel.

Die Berg- und Talfahrten der Stimmungen und Gefühle gehören ein Stück weit zu unserer Familie. Auch wenn das manchmal anstrengt, ist diese Erkenntnis wohl eindeutig. Wir sind alle emotionale, manchmal impulsive Menschen und da wird laut gelacht, geweint, geliebt und gestritten. Das kann Kräfte rauben, aber auch jede Menge Kraft geben. 

Jedoch – auch zu diesem Schluss komme ich – es geht häufig schnell, die Kinder als Ursache meiner Hochs und Tiefs zu betrachten. Ihre Gefühlsäußerungen fallen meist heftiger aus – die zu überhören oder -sehen ist nahezu unmöglich. Und es liegt irgendwie nahe: Kleine, von ihren Emotionen geleitete Persönchen mit einem ausgeprägten Blick auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse – die müssen ja schwierig sein. Lasse ich jedoch meinen eingefärbten Blick beiseite, muss ich gestehen: Ich tue genauso meinen Teil dazu. Denn auch ich schmiede Pläne und bin enttäuscht, wenn sie nicht so funktionieren, wie gedacht. Auch ich stehe beizeiten mit dem falschen Bein auf und bin dann unausgeglichen und gereizt. Auch ich bin verletzlich und manchmal traurig, wenn die Stimmung in den Keller geht. Und natürlich strahle ich all das aus und lasse es (meist unbewusst) in meine Handlungen, meine Gesten und meine Stimmlage einfließen.

Meine Große kann das manchmal sogar äußern. Dann hält sie mir einen Spiegel vor und sagt Dinge wie „Mama, jetzt guckst du wieder so.“ Achte ich darauf, dann merke ich, wie sensibel beide Kinder meinen Gesichtsausdruck bemerken und darauf reagieren. Es kommt vor, dass ich das schon in der Situation spüre und ich trotzdem nicht aus meiner Haut kann. Dann hänge ich fest in meiner Gewitterwolke und die muss sich erstmal abregnen. 

Kann ich die negativen Gefühle beiseitelegen und aktiv anders handeln, dann ist der Effekt häufig frappierend. Kuscheln, lesen, singen, gemeinsam backen… das hat so manches Mal schon Wunder bewirkt und bei uns allen zu fröhlichen Gemütern geführt. Aber das kann ein Kraftakt sein. Und der gelingt nicht immer. Dann grummele ich vor mich hin und finde mich selbst unerträglich: Was genau unterscheidet mich eigentlich von einer Zwei- und einer Vierjährigen? Ich habe gesellschaftstauglich gelernt, Wut, Enttäuschung und Traurigkeit halbwegs ruhig und sachlich zu vermitteln. Ich schmeiße keine Dinge durch die Gegend, breche nicht in Tränen aus oder schreie herum. Aber fühlen tue ich mich auch nicht gut. Das merken meine Kinder genauso. Und das wirkt sich natürlich aus auf unsere Heim- und Hof-Harmonie.

Also – Resümee, Klappe die letzte: Wir hatten drei schöne Wochen. Bunt, laut, emotional. Wir haben gekuschelt, gelacht, gestritten, gespielt, geweint. Es war alles dabei. Manchmal wünsche ich mir mehr heimischen Frieden. Mehr Harmonie. Weniger stimmungsmäßige Tiefschläge – von jedem von uns. Vielleicht wird es hier irgendwann so sein. Vielleicht auch nie. Denn so sind wir: Ein Runde Emotionsgranaten. Damit leben wir. Meist durchaus gut.

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